Das architektonisch beeindruckende Opernhaus von Sydney wurde jetzt ins Weltkulturerbe aufgenommen. Mallorcas konservative Ex-Regierung wollte es übertrumpfen. Foto: Pixelio
Keine Superoper für Mallorca
Aus wahltaktischen Gründen hatte der konservative mallorquinische Ministerpräsident Jaume Matas noch im Mai verkündigt, in Palma de Mallorca solle ein neues Opernhaus entstehen. Dieses von Santiago Calatrava konzipierte Gebäude sollte selbst das soeben zum Weltkulturerbe erhobene Opernhaus in Sydney aus dem Rennen werfen. Trotz dieser und anderer blumiger Versprechungen kündigten die Wähler dem Präsidenten in den Wahlen vom 27. Mai die Gefolgschaft und ließen ihn fallen. Nun dürfen seine Amtsnachfolger 1,2 Millionen Euro Honorar an den Architekten für das Prestigeprojekt zahlen.
Ein absolutes architektonisches Highlight, das international für Aufsehen sorgen und den Kulturtourismus ankurbeln sollte, wollte Ministerpräsident Jaume Matas (PP) direkt an Palmas Hafen bauen lassen. Selbstherrlich beauftragte er den Architekten Santiago Calatrava mit der Planung eines »emblematischen« Gebäudes auf der alten Mole, die dazu komplett umgebaut werden sollte. Calatrava hat bereits auf Teneriffa ein kleines Opernhaus konzipiert. Das Ergebnis der Wahlen vom 27. Mai macht nun einen Strich durch dieses Vorhaben.
Die neue Linkskoalition unter dem Sozialisten Francesc Antich, die die Regierung von Ministerpräsident Jaume Matas ablöst, ist gegen den Monsterbau. Sie hält die veranschlagten Kosten von 100 Millionen Euro für »Verschwendung«. Die Ferieninseln der Balearen müssen nun dem spanischen Stararchitekten allerdings 1,2 Millionen Euro Honorar für das Opernhaus, das wohl niemals gebaut werden wird, überweisen.
Der Plan für ein neues Opernhaus auf Mallorca ist aus vielen Gründen größenwahnsinnig. Einerseits verfügt Palma über eine herrlich plüschige alte Oper, die allerdings seit fünf Jahren renoviert wird und im Juni erstmals wieder der Öffentlichkeit zugänglich war. Es gibt weder ein Ensemble noch ein entsprechendes Orchester. Zum anderen stehen die alte Oper sowie auch andere große Veranstaltungsstätten ständig leer, da es kein zahlendes Publikum für anspruchsvolles Musiktheater auf der Insel gibt.
Mallorquiner sind gewohnt, Kunst und Musik gratis genießen zu dürfen. So sind die meisten der zahlreichen Musikveranstaltungen, die angeboten werden, umsonst und draußen. Dabei setzt sich das Publikum traditionell zu zwei Dritteln aus deutschen und britischen Inselresidenten zusammen, die jede Abwechslung gern nutzen. Unter derart schlechten Voraussetzungen wäre die Oper ein Fass ohne Boden geworden und hätte nur dem Image der Inselpolitiker gedient.
Eine farbenfrohe Inszenierung präsentierten die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci mit der Opera Restor´d London. Foto: © Wilhelm Ruprecht Frieling
Die 1737 uraufgeführte komische Oper »The Dragon of Wantley« gilt als Britanniens populärstes Stück Musiktheater nach »The Beggar´s Opera«. Die komische Oper der gebürtigen Deutschen John Frederick Lampe (1703-1751) nach einem Libretto von Henry Carey (um 1689-1743) erlebte soeben im Rahmen der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci ihre deutsche Erstaufführung in englischer Sprache. Das Publikum reagierte begeistert auf die unkonventionelle Inszenierung der Opera Restor´d London.
Moore of Moore Hall, ein Säufer und Prahlhans, wird auserkoren, den Kinder und Vieh fressenden Drachen von Wantley zu besiegen. Als Preis wird ihm eine junge Dame versprochen. Allerdings erscheint auch noch eine frühere Geliebte des vorgeblichen Großwildjägers und erinnert ihn an sein Heiratsversprechen.
Wie die »Beggars Opera« ist »The Dragon of Wantley« eine Parodie auf den italienisch geprägten Opernbetrieb, dessen artifizielle Konventionen und hochfliegende Sentiments in ein »bodenständiges« Englisch transferiert werden, dabei virtuos und voll britischen Humors. Nicht zuletzt versetzt das Stück so manchen Seitenhieb auf die herrschenden politischen und moralischen Verhältnisse seiner Entstehungszeit, wobei Moore of Moore Hall die Figur des italienischen Kastraten Farinelli karikiert. Beide Stücke waren die Voraussetzung für die Entwicklung einer britannischen Nationaloper und drängten Georg Friedrich Händels Einfluss zurück.
Die Opera Restord London erzählt die ursprünglich aus Elisabethanischen Zeiten stammende Geschichte in der Inszenierung von Jack Edwards äußerst farbenfroh. Allein die Kostüme sind eine Augenweide. Moore of Moore Hall (Daniel Auchincloss), er erinnert mich übrigens an meinen Lieblingsprahlhans Tartarin von Tarascon von Alphonse Daudet, hat sich ein Tigerfell übergestülpt und schleift den Oberkörper der Katze als Schleppe hinter sich her. Sein Hemd ist aus Zebrafell geschneidert, ein Gürtel aus Leopard berichtet von großen Taten. Im Kampf gegen den Drachen hüllt sich der Prahlhans, nachdem er sich mit etlichen Humpen Ale gestärkt hat, in ein Stachelgewand, damit er dem Drachen trotzen kann.
Unter der Leitung von Gary Cooper präsentiert die Akademie für Alte Musik wundervoll leichte Musik, die nachvollziehbar macht, warum diese Burlesque Opera seit fast dreihundert Jahren ein Publikum begeistert. »The Dragon of Wantley« bietet pures Musikvergnügen und ist auch für all diejenigen geeignet, die sonst der Oper wenig abgewinnen können.
Kristin und Mark wünschen sich ein Kind. Auf natürlichem Wege klappt es zwischen der Powerfrau und dem Systemadministrator jedoch nicht. Er meint, sie sollten häufiger miteinander schlafen, sie meint, er solle mal einen Arzt konsultieren.
Der Haussegen hängt schief, da hören sie von »Childlike Creatures« und kaufen sich von dieser Firma ein Kind.
»Childlike Creatures« ist der weltweit führende Hersteller bioidentischer Kinder, die nach den Ansprüchen der Auftraggeber individuell programmiert werden. Kristin (Juliane Dreyer) und Mark (Sebastian Smulders) entscheiden sich für einen niedlichen Jungen namens Pino (Andreas Röder), den sie mit nach Hause nehmen. Das Eheglück scheint gerettet, und doch kommt alles anders als geplant.
Der frisch gebackene Sohn wird auf Papa und Mama programmiert, damit er sich auch zugehörig fühlt und die gewünschten emotionalen Reaktionen zeigt. Leider muss Mama bereits am ersten Abend wieder ins Büro und überlässt das jammernde Kind dem Herrn Papa, der es genervt zum Schlafe bettet. Darauf springt Mark an seinen Computer und bestellt sich Kitten (Camilla Kallfaß) zwecks Entspannung für ein Schäferstündchen ins traute Heim. Der Lärm der beiden Liebenden weckt das Kind auf. Er sieht, dass sich Papa und die Dame »lieben«, während Papa sich mit der vorherigen »Mama« stritt und hält konsequent Kitten für seine wahre Mutter.
Es entwickelt sich nun eine herrliche Komödie der Irrungen und Wirrungen. Pino geht auf die Suche nach seiner vermeintlichen Mama Kitten und landet in dem Amüsierbetrieb von King (Lars Redlich) und Fox (Martin Kluntke). Die Luden wittern ein Geschäft und wollen den Knaben gegen »Finderlohn« zurückgeben. Aber wollen die Eltern noch einmal für das offenbar fehlerhaft programmierte Blag bezahlen? Wie gut, dass »Childlike Creatures« mit Felicity (Jeanette Claßen) eine Spezialkraft einsetzt, die solche Probleme professionell lösen kann
Mit »Kauf Dir ein Kind« zeigt die Neuköllner Oper wieder eine Produktion von Peter Lund, der dort zuletzt mit »Maja & Co« Begeisterungsstürme hervorgerufen hatte. Lund hat die Berliner Off-Road-Oper wesentlich geprägt und ihr mit Stücken wie »Das Wunder von Neukölln«, »Die Krötzkes«, »Elternabend« und vielen anderen ein unverwechselbares Gepräge geschaffen. Die Musik des neuen Musicals stammt von Thomas Zaufke, der es versteht, eingängige Melodien zu schaffen, die das Talent zu Ohrwürmern haben.
Das Stück ist äußerst temporeich choreographiert (Neva Howard). Die Geschwindigkeit der Gags, Tanz- und Gesangseinlagen macht aus dem viele ernste Themen wie Genmanipulation und Kindesmissbrauch berührenden Musical eine Komödie, auf der ein Lacher den nächsten jagt. Damit zieht eine professionelle Glätte bei der Neuköllner Oper ein, die der alternativen Spielstätte ein wenig von ihrem einstigen Charme nimmt, der auch durch Brüchigkeit und Improvisation geprägt war.
»Kauf Dir ein Kind« ist eine hoch professionelle Produktion, die als Arbeit für die Drittsemester der Universität der Künste Berlin, Studiengang Musical/Show entstand, es aber locker mit jeder anderen Musicalproduktion aufnehmen kann. Mit der gestrigen Uraufführung wurde gleich noch ein zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Seit 1997 kooperiert Berlins viertes Opernhaus mit dem Studiengang Musical/Show an der Universität der Künste, bei der Lund eine Professur hat.